Erlebe ihn im Zürcher Café Zähringer
Zürich, September 2023
Liberté, Égalité, Fraternité — das sind schöne Worte. Gemäss dem französischen Ministerium für Europa und auswärtige Angelegenheiten gehören sie zum «nationalen Kulturgut». Die SPD-Grundwertekommission hält Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit für «die Grundlage der europäischen Demokratie».
Also, nicht nur schön, aber auch wichtig. Und diese Worte lassen sich leicht erleben — in jedem bescheidenen Kaffeehaus in Europa. Diese Einrichtungen ermöglichen es Fremden, einzutreten und sich als Teil eines grösseren Ganzen zu fühlen. Für den Preis eines einzigen Getränks kann man in Ruhe eine Zeitung oder ein Buch lesen. Man kann sich mit Freunden auf ein Glas Wein treffen, ein romantisches Mittagessen geniessen, oder mit einem Brettspiel den Abend verbringen.
Aber noch mehr ist möglich — und ein hervorragendes Beispiel dafür ist das Café Zähringer in der hübschen Zürcher Altstadt.
Was ist hier besonders?
Nicht nur die Freundlichkeit des Personals, sondern darüber hinaus eine ausgeprägte Kultur der Toleranz für alle Menschen. Es ist als Kollektiv organisiert. Das bedeutet: «Die Belegschaft bildet die Geschäftsleitung und ist für die Geschicke des Betriebs verantwortlich. Neben den guten Arbeitsplätzen ist es uns wichtig, hochwertige, gesunde, nachhaltig und fair produzierte Produkte zu verarbeiten und unseren Gästen wiederum zu fairen Preisen anzubieten. Unsere Nahrungsmittel sind, wenn möglich, biologisch, vorwiegend regional und saisonal, und fast alles ist hausgemacht.» Man isst hier gut — und wenn man will, auch vegan.
Einen feinen Wein, ein Konzert, ein leckeres Mittagsangebot — auch das hier.
Diesem Café wurden sogar Gedichte gewidmet.
Eins wurde in einem Buch veröffentlicht, welches man gegenüber dem Café in der Zentralen Bibliothek finden kann. Neben der Theke ist ein Exemplar, zusammen mit der deutschen Version, zu sehen.
Eine Tradition nicht nur aus Neapel
Wie die SRF es Mal beschrieb: «Ein Gast bezahlt zwei Kaffees, trinkt aber nur einen. Die zweite Tasse kommt jemandem zugute, der sich keinen Kaffee leisten kann. Es ist eine einfache Geste der Solidarität, mit der armutsbetroffene Menschen ein Stück mehr am öffentlichen Leben teilhaben können. Caffè sospeso heisst übersetzt so viel wie aufgeschobener Kaffee. Das Konzept stammt aus Neapel, wo es sich um die Wende zum 20. Jahrhundert etabliert hatte.»
Im Café Zähringer kann man es nicht nur auf einen Kaffee geltend machen, sondern auch auf ein Gericht. Wichtig ist aber — es geht nicht hauptsächlich um Kaffee, sondern um Als-Mensch-Fühlen, welche Idee oben mit «ein Stück mehr am öffentlichen Leben» ausgedruckt ist.
Spiele — nicht nur spielen
Es gibt sogar ein Spiel, das im Café Zähringer entwickelt wurde, welches ein Preis von der Stadt erhalten hat, da es um Klimaaktion ging.
Das Café Zähringer braucht dich
Leider ist es derzeit in der Gastrobranche nicht alles rosig. Auch wenn der Autor keine Erfahrung als Wirt hat, ist es nachvollziehbar, dass höhere Kosten, Fluktuationen im Personal, sowie wenigere Café-Besuche zu einer Verschlechterung der finanziellen Lage führen.
Also — komme doch vorbei, allein oder mit Freunden und Freundinnen. Oder mit Arbeitskollegen zum After-Work-Apéro, wo man nicht 22 CHF für ein Cocktail ausgeben muss. Ein freundlicher Betrieb sucht freundliche Gäste.
Der Autor ist nicht nur seit Jahren ein begeisterter Besucher des Cafés sowie auch Mitglied der Genossenschaft — weil das Café Zähringer Teil seiner Lebensqualität geworden ist. Vielen geht es ebenso. Auch du kannst Mitglied werden. Mehr Information dazu ist auf der Webseite (https://zaehringer.ch/uber-uns/) vorhanden.
Wenn dir ein faires Quartiercafé, eine lebendige Studentenbude, oder ein für alle Menschen zugänglicher Ort wichtig ist, dann ist jetzt die Zeit, deine Unterstützung für Café Zähringer zu zeigen — damit Zürich weiterhin eine der schönsten Städte der Welt bleibt. Mässi.